Rasseporträt

 

 

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Zucht des heutigen Hovawarts als gedanklicher Nachfahre früherer Haus- und Hofhunde. Die strenge Zuchtauswahl auf gewünschte Wesenseigenschaften und einen passenden äußerlichen Typus in den Anfängen der Zucht führten bald zu einer gefestigten Rasse – in Erscheinung und Wesen. Um seinen Ahnen, den Bewachern von Hab und Gut, Hof und Herde, in vorangegangenen Jahrhunderten gerecht zu werden, besitzt auch der heutige Hovawart Eigenschaften wie beispielsweise körperliche Robustheit, Wesensstärke, Selbstsicherheit und Intelligenz. Hinzu kommt eine Mischung aus Eigenständigkeit und Bereitschaft mit seinem Besitzer zusammen zu arbeiten.

 

Als ein Vertreter der Gebrauchshunderassen möchte der Hovawart ausgelastet werden – und dies sowohl körperlich als auch geistig. Wer einen Hovawart rassegerecht hält, wird nicht nur von einem Hund begleitet, sondern auch von einem Teampartner. Je nach Prägung, Charakter und Ausbildung kann er viele Aufgaben wahrnehmen. Die Einsatzmöglichkeiten des Hovawartes sind aufgrund seiner Anlagen, seinem Arbeitswillen, seiner Intelligenz, seiner Ausdauer sowie seines sportlichen und leistungsfähigen Körperbaus und seiner guten Nasenveranlagung sehr vielseitig. Im Hundesport ist er beinahe in allen Disziplinen zu finden: Agility, Unterordnung, Schutzdienst, Turnierhundesport, Zughundesport, Fährtenarbeit, Objektsuche u.s.w.

 

Viele Hovawarte kommen auch in den verschiedenen Sparten der Rettungshundearbeit zum Einsatz, beispielsweise beim Mantrailen, bei der Wasser- oder bei der Flächensuche, wo sie dabei helfen, vermisste oder verletzte Personen wieder aufzufinden. Aufgrund seines sensiblen Charakters mit einem guten Gespür für die Menschen in seiner Umwelt eignet er sich ebenfalls sehr gut für die Ausbildung zu einem Assistenz- und Therapiehund. Wer allerdings einen speziellen „Arbeitshund“ sucht, wird die vorhandenen Anlagen auch altersgemäß anbahnen, auf- und ausbauen müssen, denn kein Hovawart ist ein Alleskönner von Welpenbeinen an und nicht alle Anlagen sind in jedem Hovawart gleichermaßen verteilt.

 

 All der Arbeitseifer und der Bewegungsdrang sind beim Hovawart gepaart mit einem sicheren und in sich ruhenden Charakter mit einer mittleren bis hohen Reizschwelle. Bei entsprechender Aufzucht und Erziehung ist er daher auch ein sehr angenehmer und verlässlicher Begleiter, mit dem man beispielsweise die Innenstadt, Cafés, Restaurants und gesellschaftliche Anlässe besuchen kann. Als Hofwächter ist er bei aller Ruhe jedoch immer aufmerksam. In ihm schlägt auch ein Beschützerherz und wenn es einmal nötig wird, zögert er nicht, sein Heim und seine Menschen zu verteidigen.

 

Gerade im Hinblick auf diese Charaktereigenschaft wird bei der Zuchtauswahl sehr viel Wert darauf gelegt, dass der Hovawart wachsam, mutig und verteidigungsbereit ist, aber niemals aggressiv. Die meisten Hovawarte bewachen und beschützen ihr Heim und zeigen entsprechendes Territorialverhalten gegenüber Artgenossen und, wenn nötig, auch gegenüber ungebetenen Menschen. Ein drohender Hovawart, welcher davor warnt ihm, seinem Menschen oder seinem Grundstück näher zu kommen, sollte unbedingt ernst genommen werden. Auch unterwegs ist es als Halter eines Hovawartes wichtig zu erkennen, ob das Territorium seines Hundes beispielsweise auch das Auto, den Wohnwagen oder ein Hotelzimmer beinhaltet.

 

Bis sich der Charakter eines Hovawarts vollständig herausbildet und festigt vergeht viel Zeit, denn im Vergleich zu vielen anderen Hunderassen werden Hovawarte erst relativ spät erwachsen. Dies geschieht meist im Alter von drei bis vier Jahren. Groß und stark wird er hingegen schon in seinem ersten Lebensjahr, was bei der Anschaffung eines Hovawarts bedacht werden muss. Als Halter eines solchen Hundes muss man auch mal standfest und ihm körperlich gewachsen sein, denn bei aller guten und früh einsetzenden Erziehung wird ein junger Hovawart immer kreativ sein und versuchen, die gelernten Regeln nach seinen Maßstäben auszulegen. Mal versucht er einfach durch Kraft und Schnelligkeit seinen Vorstellungen nachzugehen und ein anderes Mal wird er seine Menschen mit cleveren Strategien überraschen. Gerade im Spiel mit Artgenossen zeigt der kräftige Hovawart gerne, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Wenn er einen passenden Partner findet, so hat er am meisten Spaß beim derben und rasanten Spiel. Da wird gerempelt, geschubst und auch mal mit hohem Tempo umgerannt. Häufig ist er aufgrund von Größe und Gewicht dem Spielpartner überlegen. Als verantwortungsvoller Besitzer sollte man immer genau darauf achten, wie lange alle Beteiligten auch wirklich Spaß am Spiel haben. Sonst lernt der Hovawart schnell, wie man andere Hunde mobbt und wird seine Freude fortan daran finden.

 

Das A und O für einen Hovawart, der im Alltag und in der Gesellschaft immer ein angenehmer Begleiter sein soll, ist eine gute Kinderstube. Hier ist nicht nur der Züchter sondern auch der Besitzer des Hundes voll und ganz gefordert. Um die Selbstsicherheit, mit der ein junger Hovawart auf die Welt kommt auch bis ins Erwachsenenalter behalten zu können, müssen Welpe und Junghund ausreichend sozialisiert werden und verschiedene Umwelteindrücke erfahren, ohne dabei überfordert zu werden. Fremde Menschen sollten für ihn etwas Positives sein, denn sonst neigt der ausgewachsene Hovawart zur Skepsis und abweisendem, gegebenenfalls abwehrendem Verhalten.

 

Eine gut geführte Welpenspielgruppe ermöglicht dem Welpen zunächst, ihn im Umgang mit Artgenossen von Klein auf zu prägen und die Kommunikation mit Artgenossen zu verfeinern. Insbesondere gemischte Gruppen mit kleineren und größeren Rassen und unterschiedlichem rassespezifischem Temperament und Verhalten ermöglichen es dem jungen Hovawart, viele Facetten der angemessenen Kommunikation zu erlernen. Wer nach dem „Kindergarten“ meint, der Hovawart habe nun genug gelernt, wird sich schnell eines Besseren belehren lassen müssen. Die Junghundegruppe, die anschließende rassespezifische Auslastung sowie der Kontakt zu Artgenossen lassen sowohl den Halter als auch den erwachsenen Hund ein Leben lang profitieren.

 

Da der Hovawart erst spät reif wird, muss sein Besitzer in den ersten Jahren viel Zeit und Energie in Erziehung und Ausbildung investieren. Wer mit einem Hovawart lebt, sieht dies nicht als Arbeit sondern vielmehr als Teil des Zusammenlebens mit dem Hovawart an. Das gelingt am besten, wenn man Freude an der gemeinsamen Aktivität mit dem Tier mitbringt, in allen Lebenssituationen und an jedem Tag.

 

Schlüssel zur erfolgreichen Erziehung des Hovawarts sind eine sensible Geradlinigkeit sowie die einfühlsame und sichere Selbstverständlichkeit und Beständigkeit im Handeln seines Menschen. Gleichzeitig sollte ein wenig Humor nicht fehlen, denn der einfallsreiche und selbstständige Hovawart wird gerne den Alltag nach seinen Ideen umgestalten. Blinder Gehorsam gehört nicht zu den Eigenschaften, die der Hovawart seinem Menschen bieten kann. Trotz Erziehung und konsequenter Einhaltung von Regeln wird man von ihm niemals Kadavergehorsam erwarten können. Stattdessen kann man mit ihm zu einem Team zusammen wachsen und die Stärken, Schwächen und Grenzen des anderen kennen lernen. Und gerade darauf basiert die einmalige und innige Partnerschaft, die sich mit dem Heranwachsen des Hundes bildet.

 

Für einen Interessenten ist es wichtig zu erkennen, dass dieser Hund im Leben nicht nur „nebenher läuft“. Er stellt an seinen Menschen viele Anforderungen: Einerseits sollte der Mensch aktiv und unternehmungslustig sein, gerne auch sportlich, andererseits muss er den Ehrgeiz und die Fähigkeit besitzen einen großen, selbstbewussten und wehrhaften Hund verantwortungsvoll und angemessen zu erziehen und sicher zu führen. Ein Mensch, der die Führungsrolle nicht übernehmen kann oder möchte, wird seinen Hovawart nicht lange darum bitten müssen, diese Aufgabe zu übernehmen – der Hovawart übernimmt auch ungefragt die Führung. Auch ein unausgelasteter Hovawart ist kein angenehmer und ausgeglichener Begleiter, denn dann sorgt er von alleine für Abwechslung im Alltag. Nur wer den körperlichen und seelischen Bedürfnissen seines vierbeinigen Partners gerecht wird, wird sich über die angenehme, verlässliche Begleitung und treue, unbestechliche Verbundenheit seines Hovawarts freuen können.

 

 

 

Quelle : HZD